Streifzug durch die 110-jährige Geschichte des
Naturwissenschaftlichen Vereins Ansbach

von Dr. Ludwig Fugmann

Bisherige Vorsitzende:

14.02.1908 bis 10.12.1908    Gymnasialprofessor Dr. Heß
10.12.1908 bis 06.12.1911 Reallehrer Freitag
06.12.1911 bis 21.01.1914 Landgerichtsrat Dr. Schwink
21.01.1914 bis 17.10.1920 Medizinalrat Dr. Raab
01.12.1920 bis 24.04.1956 Oberregierungsrat Johannes Vogtherr
24.04.1956 bis 25.02.1966 Fischereirat Dr. Joseph Hofmann
25.02.1966 bis 25.02.1969 Oberstudienrat Silvester Prokein
25.02.1969 bis 28.03.1983 Landgerichtsdirektor Friedrich Held
28.03.1983 bis 22.01.2002 Studiendirektor Ernst Weinmann
seit 22.01.2002 Ltd. Regierungsdirektor Dr. Ludwig Fugmann


Die Gründung des Vereins im Jahr 1908

"Auf Einladung durch die Herren Kreismedizinalrat Dr. Bruglocher und Gymnasialprofessor Dr. Heß fanden sich am Freitag, 14. Februar 1908, abends um 8.30 Uhr im Nebenzimmer des Restaurants Steurer 19 Herren ein, um darüber zu beraten, ob in Ansbach ein lebensfähiger naturwissenschaftlicher Verein gegründet werden könnte.
Dr. Bruglocher führte des Näheren aus, welches die Tätigkeit eines solchen Vereins sein müsste. Alle Redner stimmten im Wesentlichen zu. Der Anschauung, dass erst späterhin eine eigentliche Gründungsversammlung einzuberufen sei, wurde mit Erfolg widersprochen. Die Anwesenden betrachteten sich selbst als die "Gründungsversammlung". Dementsprechend wurde dann ein Statuten-Entwurf beraten; der Jahresbeitrag auf 4 Mark bestimmt und als Zweck des Vereins festgestellt: Gegenseitiger Austausch und Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse."

Soweit das wörtliche Zitat aus der noch existierenden ersten Niederschrift des Vereins.

Die Gründung des Vereins entsprang offensichtlich dem damaligen Zeitgeist. Bereits im Jahre 1900 hatte sich eine Sektion Ansbach des Deutschen Lehrervereins für Naturkunde gegründet. Viele Ansbacher waren Mitglied der im Jahre 1904 in Stuttgart gegründeten Gesellschaft für Naturfreunde, Kosmos. Von 1906 an erschien in der Fränkischen Zeitung eine Reihe von Aufsätzen über die botanische und geologische Eigenart der Ansbacher Gegend von dem späteren Vorsitzenden des Naturwissenschaftlichen Vereins, ORR Vogtherr. Darüber hinaus wurden naturwissenschaftliche Themen in der vom damaligen Ansbacher Meteorologen, Realschulrektor Hofrat Jüdt, veranstalteten Vortragsreihe des Gewerbevereins behandelt. Damit war offensichtlich reges Interesse an naturwissenschaftlichen Dingen auch in Ansbach erwacht.

Dr. Heß wurde zum ersten Vorsitzenden gewählt. Mit großem Elan ging man an die Arbeit: Es wurde beschlossen, zunächst alle 14 Tage am Mittwoch zusammen zu kommen. 3 Herren wurden damit beauftragt ein für die Vereinssitzungen geeignetes Lokal ausfindig zu machen. Man war allgemein der Ansicht, dass es bald gelingen werde, den Verein auf eine Stärke von 30 bis 40 Mitglieder zu bringen.

Für den 19. Februar 1908 wurde die erste Versammlung des Vereins einberufen. Es fanden sich ca. 40 Herren ein, die im Laufe des Abends fast alle ihren Beitritt erklärten. Auf dieser Sitzung wurde der Zweck des Vereins bestätigt und bekräftigt, den Verein zu einem "Sammelbecken aller naturwissenschaftlich interessierten Elemente in Ansbach zu machen". Dies sollte erreicht werden durch "Vorträge im Verein, öffentliche Vorträge, kleinere Mitteilungen und Referate, wissenschaftliche Arbeiten, Anlage von Sammlungen und eines botanischen Gartens", zu dessen Errichtung es allerdings nie kam. Als Vereinslokal, in dem auch die Vortragsveranstaltungen stattfanden, diente 1908 zunächst der Gasthof "Zur Krone", ab 1909 der Gasthof "Zum Walfisch" und ab 1922 das Hotel "Zum Goldenen Zirkel".

Neben Sammlungen für die Mitglieder des Vereins (Herbarium, zoologische und mineralogische Sammlung, Bücherei, Lichtbildsammlung, Sammlung mikroskopischer Präparate) sollte eine Sammlung der Fauna, Flora und Geologie der näheren Umgebung von Ansbach bzw. Mittelfranken aufgebaut werden. Die vom Verein verfassten monatlichen meteorologischen Berichte und phänologischen Beobachtungen sollten in der Presse veröffentlicht werden. Dies geschah auch lange Jahre. Die Wetterstation befand sich zunächst unter der Leitung von Obermedizinalrat Dr. Herfeldt in der Heil- und Pflegeanstalt und wurde im Februar 1924 von Oberarzt Dr. Lunz im Genesungsheim Strüth eingerichtet. Darüber hinaus wurden zur Erreichung des Ziels des Vereins, naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu verbreiten, auch Artikel in den "Heimatblättern" der Fränkischen Zeitung veröffentlicht.

Zur Ausgestaltung eines guten inneren Vereinslebens wurde ein möglichst enger Zusammenschluss der Vereinsmitglieder zu gemeinsamer Arbeit als nötig erachtet. Es wurden deshalb 3 Kommissionen gebildet, eine zoologische, eine botanische und eine geologische.

Zum ersten wissenschaftlichen Vortrag fanden sich am 04. März 1908 40 Herren und 1 Dame im Röntgenzimmer des städtischen Krankenhauses ein, wo Dr. Hans Lunckenbein, der spätere Gründer des Hauses der Volksbildung, "Über Röntgenstrahlen" referierte. Die Annahme, dass der Verein bald auf 30 bis 40 Mitglieder gebracht werden könnte, wurde schnell übertroffen; bereits einen Monat nach der Gründung hatte der Verein 100 Mitglieder und bis zum Jahre 1910 war die Zahl sogar auf 204 angestiegen, der höchsten jemals erreichten Zahl. Ansbach hatte damals weniger als die Hälfte der heutigen Einwohner.

Mit entsprechender Energie ging man deshalb an die weitere Arbeit. Es folgten Vorträge über "Deutsch-Ostafrika", die "Erzeugung elektrischen Stroms" und "Die Erforschung der oberen Luftschichten". Der erste Vereinsausflug führte am 28. Juni 1908 zum Hesselberg. Bereits zur ersten Hauptversammlung am 10. Dezember 1908 musste ein neuer Vorsitzender, Reallehrer Freitag, gewählt werden, da Dr. Heß nach Nürnberg versetzt worden war. Er wurde gleich zum ersten Ehrenmitglied ernannt. Er blieb seinem ehemaligen Ansbacher Verein immer freundschaftlich verbunden.

In dieser Sitzung wurden nach dem Vorbild der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg (gegr. 1801) zwei weitere für das Vereinsleben in Ansbach wichtige Entscheidungen getroffen: es wurden eine "photographische Sektion" unter der Leitung von Prof. Dr. Heller und eine "Sektion für Terrarien- und Aquarienkunde" unter der Leitung von Dr. Lahner gegründet. Diese Sektionen haben sich später vom Naturwissenschaftlichen Verein getrennt und eigenständige Vereine gegründet: bereits im November 1913 der Aquarienverein und im April 1927 der Fotoclub Ansbach 1927 e.V.

Die Zeit vor dem 1. Weltkrieg

Welch enorme gesellschaftliche Bedeutung der Verein bereits nach kurzer Zeit erlangt hatte, kann man auch daran erkennen, dass der Kreis Mittelfranken, wie man seinerzeit den Regierungsbezirk bezeichnete, dem Verein bereits 1909 eine jährliche Mittelzuweisung von 200 Mark gewährte.

Am 06. Dezember 1911 übernahm Landgerichtsrat Dr. Schwink den Vorsitz des Vereins und am 21. Januar 1914 Bezirksarzt Dr. Raab.

Nach einem Vortrag über "Das Gedächtnis" von Dr. Meyer am 06. Mai 1914 kam es aufgrund des Beginns des 1. Weltkrieges zu einer fast sechsjährigen Unterbrechung der Vereinstätigkeit. Erst am 03. Februar 1920 wurde mit einem Vortrag des Mitbegründers und erstem Vorsitzenden des Vereins, Dr. Heß, über den atomistischen Aufbau der Materie die Vereinstätigkeit unter dem Vorkriegs-Vorsitzenden Dr. Raab und mit nur noch 104 Mitgliedern wieder aufgenommen. Einen entscheidenden Anstoß dazu bildete die Gründung der "Vereinigung für Volksbildung e.V., Anfang 1919, die allen Ansbacher Vereinen ein Dach für kulturelle Aktivitäten bieten und eine Volksbildungsarbeit auf breiter Basis ermöglichen wollte. 30 Ansbacher Vereine waren von Beginn an dabei, u.a. auch der Naturwissenschaftliche Verein.

Die 20er Jahre

Dr. Raab starb knapp sechzigjährig bereits am 17. Oktober 1920. Auf der Mitgliederversammlung am 01. Dezember 1920 wurde der Forstmann und Botaniker ORR Johannes Vogtherr zum Vorsitzenden gewählt und blieb dies bis zum 24. April 1956, also mehr als 35 Jahre.

Er führte den Verein durch schwierige Zeiten. Neben der Weiterführung des Vereinsziels der Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnis verankerte er vor allem den Naturschutzgedanken im Verein. Er war Mitinitiator der Gründung einer Bezirksgruppe des Bundes Naturschutz am 23. Mai 1923 und bereitete dieses Ereignis mit einem Vortrag am 18. Mai 1923 vor, mit dem Titel: "Schutz der heimatlichen Landschaft, Tier- und Pflanzenwelt".

Kaum waren die Vereinsarbeit und auch die Mitgliederzahl fast wieder auf Vorkriegsniveau (1923: 187 Mitglieder) gebracht, als die Inflation einen neuen Einbruch verursachte:

Der Kassenbericht (Auszug) der Mitgliederversammlung am 13. Februar 1924 zeigt dies eindrucksvoll:

Kassa Konto Einnahmen in Mark Ausgaben in Mark
Bestand Vortrag aus 1922 175,80 -
Mitgliedsbeiträge 1923 835.810.026.620,.. -
Sonstige Einnahmen 1.050.000.000.000,.. -
Laufende Ausgaben - 6.110.864.257.065,..
Fehlbetrag (vom Kassier ausgelegt) 4.225.054.230.269,.. -
- 6.110.864.257.065,.. 6.110.864.257.065,..

Im Protokoll ist resignierend vermerkt: "Durch die unglücklichen Währungsverhältnisse des Jahres 1923 hat der Verein sein kleines Vermögen verloren. Wir gehen lediglich mit einem Guthaben von Goldmark 2,- auf Scheck-Konto in das neue Vereinsjahr hinüber". Das Jahr 1927 brachte dann den bereits erwähnten Austritt der Mitglieder der Photographie-Sektion und einen weiteren Rückschlag; die Regierung von Mittelfranken teilte dem Verein am 22. März 1927 mit: "Infolge der Überlastung des Kreises mit Pflichtleistungen war die Vertretung des Kreises Mittelfranken genötigt, für das Rechnungsjahr 1926 von freiwilligen Leistungen jeder Art Abstand zu nehmen. Es war deshalb leider nicht möglich, dem Naturwissenschaftlichen Verein einen Zuschuss aus Kreismitteln zuzuwenden".

Wie sich die Dinge oft gleichen: in den fünfziger Jahren und vor drei Jahren erging es dem Verein mit Zuwendungen des Bezirks, der Stadt bzw. des Landkreises Ansbach ähnlich, mit ähnlichen Begründungen.

Der Verlust des Vereinsvermögens 1923, die Kündigung des Kreiszuschusses und die schwierige Wirtschaftlage belasteten Unterhalt und Ausbau der Sammlungen des Vereins Ende der zwanziger Jahre so erheblich, dass man dem Gedanken nahe trat, diese der Stadt Ansbach zu übergeben. Die Sammlungen, die 1908 zunächst in der städtischen Turnhalle, 1909 bis 1911 mit den städtischen Sammlungen im Museumsgebäude, von 1912 bis 1914 in der Ebert'schen Spinnerei untergebracht waren, wurden bei Kriegsausbruch 1914 in das Präsidialgebäude und 1925 in die sog. Schlossküche im Ansbacher Schloss verlegt. Sie waren damit der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich. Erst 1932 konnten sie den Sammlungen der Stadt und des Historischen Vereins angegliedert werden.

Die 30er Jahre

In der Fränkischen Zeitung vom 01. August und vom 11. September 1932 stand darüber folgendes zu lesen:
"Nun hat das vor einigen Wochen fertig gestellte Kreis- und Heimatmuseum auch seine offizielle Weihe empfangen. … Oberbürgermeister Dr. Borkholder hielt die Begrüßungsansprache." Mit diesem Ereignis wurden die Sammlungen der Stadt und des Historischen Vereins von Mittelfranken zusammengeführt und der Öffentlichkeit übergeben und zwar in dem Gebäude, "das ehedem dem markgräflichen Oberstall- und Oberfalkenmeister Frhrn. v. Pöllnitz zu Eigentum gehörte" und nun zur städtischen Sparkasse umgebaut worden war, in der auch das Museum untergebracht wurde. "Der 14. Raum hat die überaus reiche Sammlung des Naturwissenschaftlichen Vereins aufgenommen."

Das schicksalhafte Jahr 1933 begann für den Verein zunächst sehr erfreulich, mit einer aufwändigen Feier des 25-jährigen Bestehens am 15. März in der Orangerie. Den Festvortrag übernahm der Mitbegründer und erste Vorsitzende des Vereins, Dr. Heß, mit dem Titel "Gletscherforschung nach dem neuesten Stande". Am 18. Oktober 1933 erfolgte dann jedoch die Ernüchterung, die sog. "Gleichschaltung", d.h. der Verein wurde in den Reichsbund "Volkstum und Heimat" in der NS-Gemeinschaft "Kraft durch Freude" eingegliedert, wie u.a. auch der Bund Naturschutz, mit welchem in den folgenden Jahren zahlreiche Gemeinschaftsveranstaltungen durchgeführt wurden. Aus dem "Vereinsvorsitzenden" wurde der "Vereinsführer". Für den Verein hatte diese Entwicklung zunächst zumindest den positiven Effekt, dass die Zuhörerzahlen bei den öffentlichen Vorträgen sprunghaft anstiegen. Der Organisation K.d.F. wurden regelmäßig 200 Eintrittskarten zur Verfügung gestellt. Das ursprüngliche Vereinsziel "Förderung und Verbreitung der Naturwissenschaften" wurde nun der "Volksbildung" unterworfen.

Rein wissenschaftliche Vorträge standen ab etwa 1935 nicht mehr auf dem Programm. In der Ansbacher Zeitung vom 11. Oktober 1935 wird im Zusammenhang mit der Hauptversammlung des Vereins von einer Rede des Vorsitzenden Vogtherr berichtet: "Die Vorträge sollen sich an das Bedürfnis der breiten Volksgemeinschaft anpassen und nicht für einen kleinen wissenschaftlichen Kreis gelten". Vogtherr muss jedoch trotz aller Einbindung in die nationalsozialistische Ideologie zugute gehalten werden, dass er mit seiner bewussten und nahezu ausschließlichen Hinwendung zu Naturschutzthemen, - "denn letzten Endes laufen ja die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse auf den Naturschutz zu. Indem der Naturfreund die Wunder der Schöpfung kennen lernt, weiß er sie zu schätzen und zu lieben und wird so zu ihrem Beschützer" - den Verein vor Schlimmerem bewahrt hat. Z.B. spielten rassenideologische Themen im Naturwissenschaftlichen Verein überhaupt keine Rolle.

Der 2. Weltkrieg

Allerdings verlor sich mit dem immer einseitiger werdenden Themenkreis der Vorträge, den man im weitesten Sinne überschreiben könnte mit: "Erlebnis deutsche Landschaft" und "Lerne die Heimat kennen", allmählich das Interesse der Bevölkerung am Naturwissenschaftlichen Verein. Die Mitgliederzahl sank 1942 auf 82 und reduzierte sich bis 1944 noch weiter. Dennoch erschienen zu einem Vortrag über den "Alpennaturschutzpark in den Hohen Tauern" am 14. März 1944 nochmals rd. 200 Zuhörer. Mit einem Vortrag von Vogtherr über "Wildwachsende Gemüse- und Gewürzpflanzen" endete am 21. April 1944 vorerst die Vereinstätigkeit. Vogtherr hat im Protokollbuch dazu folgendes vermerkt: "Infolge erhöhter Kriegsgefahr fanden im Winter 1944/45 keine weiteren Vorträge statt. Am 22. und 23. Februar 1945 erfolgten durch große Luftangriffe der Amerikaner auf die Stadt Ansbach sehr starke Zerstörungen zahlreicher Straßen und Gebäude in der Stadt, die alles Vereinsleben unterbanden. Damit begann auch die längere Ruhepause im Naturwissenschaftlichen Verein, in erster Linie veranlasst durch den Mangel an Vereinslokalen. Erst am 17. April 1950 konnte wieder eine Zusammenkunft der Vereinsmitglieder stattfinden."

Die 50er Jahre

Die folgenden Jahre bis heute verliefen weit weniger dramatisch. Aber auch hier sind unterschiedliche Entwicklungsphasen erkennbar. Die Vereinsarbeit erlebte Anfang der fünfziger Jahre einen ernormen Auftrieb. Die Mitgliederzahl stieg wieder auf über 100 an. Es wurden die bereits seit 1931 existierenden Verbindungen zur Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg (NHG) erneuert - der Naturwissenschaftliche Verein wurde 1970 für langjährige Mitgliedschaft in der NHG mit der goldenen Ehrennadel geehrt - und zur Fränkischen Geographischen Gesellschaft in Erlangen neu geknüpft. Zu den 18 zwischen 1950 und 1953 veranstalteten Vorträgen - Referenten waren z.B. die bekannten Erlanger Professoren Gauckler (Botanik), Heller (Paläontologie) und Berninger (Geographie) - erschienen regelmäßig zwischen 100 und 200 Zuhörer, bei einem Vortrag von Berninger über Chile sogar weit über 200. Darüber hinaus wurden zunächst geologisch-botanische Wanderungen in die nähere Umgebung und bis Mitte der 60iger Jahre regelmäßig Kurse zur Bestimmung von Vogelstimmen durchgeführt. Mit den Jahren erweiterte sich der Radius der Ausflüge und Lehrfahrten dann auf ganz Süddeutschland. 1965/66 führten die ersten Auslandsreisen nach Wien und Prag.

Am 24. April 1956 übernahm Fischereirat Dr. Joseph Hofmann den Vorsitz. In seine Amtszeit fiel 1958 das fünfzigjährige Jubiläum des Vereins. Hierüber berichtete die Ansbacher Zeitung am 15. April 1958 wie folgt: "In aller Stille feierte der Naturwissenschaftliche Verein Ansbach am Dienstagabend im kleinen Schloßsaal sein 50jähriges Bestehen. Die Feier bestand aus einem knappen Rückblick auf die bisherige Vereinstätigkeit und einem interessanten Vortrag über die Tierwelt und die Aufgaben von Tiergärten, den der Direktor des Nürnberger Tiergartens, Dr. Seitz, hielt." Der Vereinsvorstand hielt diese schlichte Form für "zeitgemäßer".

Die 60er und 70er Jahre

Ein interessantes Vereinsjahr war das Jahr 1962: als Logo des Vereins wurde der Ammonit eingeführt und ist es bis heute geblieben. Unter der Leitung des späteren Vorsitzenden Ernst Weinmann wurden die während des Krieges in Kisten eingelagerten und z.T. dezimierten Exponate der naturwissenschaftlichen Sammlung gesichtet. Die besseren Teile blieben im Museum, entbehrliche Stücke wurden den Lehrsammlungen des Platen- und des Theresien-Gymnasiums übergeben. Die Ansbacher Zeitung berichtete darüber am 10. Oktober 1962:
"Seit gestern ist das Ansbacher Heimatmuseum vollständig. Der letzte Raum, der noch zur Verfügung stand, war der geologisch-mineralogischen Abteilung bestimmt. Der Naturwissenschaftliche Verein hat ihn nun in mühevoller Kleinarbeit mit Teilen der Sammlungen und Stiftungen vorbildlich ausgestattet, die einen überschaubaren Überblick über die geologischen Verhältnisse Mittelfrankens geben. Diese neue Abteilung des Heimatmuseums im Schnizlein-Haus wurde gestern mit den Wünschen nach einem regen Besuch der Öffentlichkeit übergeben."

Der traditionellen Verbundenheit mit dem Ansbacher Museum folgend hat die Mitgliederversammlung am 07. Dezember 2007 als Ergänzung der Vereinssatzung beschlossen, dass im Falle einer Auflösung des Vereins das Vereinsvermögen an die naturwissenschaftliche Abteilung des Markgrafen-Museums in Ansbach fallen soll.

Am 25. Februar 1966 wurde Oberstudienrat Silvester Prokein zum Vorsitzenden gewählt und am 25. Februar 1969 Landgerichtsdirektor Friedrich Held. Unter diesen beiden Vorsitzenden wurde die Zahl der Vorträge allmählich deutlich reduziert, bis Anfang der 80iger Jahre überhaupt keine Vortragsabende mehr stattfanden. Dagegen nahm die Zahl der Wanderungen und Ausflüge zunächst bis auf 14 pro Jahr (1969) zu. Dies fand anfangs durchaus Anklang. Die Mitgliederzahl stieg bis auf 163 (1968) an, nahm jedoch deutlich bis auf 126 im Jahre 1983 wieder ab, als dann auch nur noch 6 Ausflüge durchgeführt wurden.

Die Zeit 1983 bis heute

Mit der Übernahme des Vereinsvorsitzes durch Studiendirektor Ernst Weinmann 1983 änderten sich die Vereinsaktivitäten erneut deutlich. Es wurden wieder Vortragsabende eingeführt, Weinmann brachte als ehemaliger Naturschutzbeauftragter für Mittelfranken den Naturschutzgedanken wieder stärker zum Tragen - so gingen 1986 und 1989 Spenden des Naturwissenschaftlichen Vereins an den Bund Naturschutz zum Ankauf einer Biotopfläche im Tal des Geisengrundes und an den Tiergarten in Nürnberg für die Errichtung des Naturkundehauses - und er organisierte in den folgenden Jahren, bis 2005, Reisen in viele Teile Europas, aber auch nach Russland, Mexiko und China, was die Mitgliederzahl mit 170 im Jahr 1990 auf den höchsten Nachkriegswert brachte.

Als Ernst Weinmann 2002 den Vorsitz an mich abtrat, versuchte ich seinen Kurs fortzusetzen und insbesondere mit anspruchsvollen geographischen Vorträgen, Reiseberichten von Vereinsmitgliedern bzw. dem Verein nahe stehenden Personen sowie ein- und mehrtägigen Exkursionen ein interessantes Programm in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Ansbach, deren bisherigen Leitungen und Mitarbeitern ich in diesem Zusammenhang herzlich danken möchte, anzubieten. Obwohl das Interesse an den Veranstaltungen nach wie vor groß ist, konnte allerdings nicht verhindert werden, dass die Mitgliederzahl bis Ende 2007 auf nur noch 100 zurückgegangen ist. Dies ist sicherlich ein Phänomen, das viele Vereine heute trifft.

Da der Mitgliederschwund seit 1990 bisher ungebrochen ist, stellt sich natürlich die Frage nach der Zukunft des Naturwissenschaftlichen Vereins. Die Gründungsväter fragten sich 1908, ob in Ansbach ein lebensfähiger naturwissenschaftlicher Verein begründet werden könne. Nach hundert Jahren wird man überlegen müssen, ob ein solcher Verein lebensfähig erhalten werden kann. Denn mit den Mitgliederzahlen schwinden auch die Einnahmen des Vereins. Eine stetige Anhebung des Mitgliedsbeitrages ist keine nachhaltige Lösung, denn es besteht die Gefahr, dass der Erosionsprozess noch beschleunigt wird. Es ist auch nicht einfach in unserem Informationszeitalter, wo Informationen über die unterschiedlichsten Medien immer und überall präsent sind, mit vertretbarem Aufwand eine Nische zu finden, die die Existenz eines Naturwissenschaftlichen Vereins in Ansbach rechtfertigt.

Die heutige Jubiläumsveranstaltung und das gesamte Programm 2008 sind der Versuch, mit Veranstaltungen (Vorträge, Exkursionen, Seminar) zu verschiedenen Bereichen der Natur- wissenschaften wieder mehr an die Wurzeln und Ziele des Vereins vor hundert Jahren anzuknüpfen, um damit evtl. neues Interesse am Naturwissenschaftlichen Verein zu wecken.

Ich danke allen Mitgliedern des Vereins für die oft jahrzehntelange Treue und allen jetzigen und ehemaligen Vorstandsmitgliedern für die geleistete Arbeit, verbunden mit der Hoffnung, dass der Verein zum nächsten Jubiläum in 25 Jahren noch existiert.

(Rede des Vorsitzenden zum 100-jährigen Vereinsjubiläum am 15. Februar 2008)